Plug and play? Produktkonformität von elektronischem Spielzeug
Welche Laborprüfungen werden benötigt, um die Produktkonformität von elektrischem und elektronischem Spielzeug nachzuweisen? Ein Überblick.
Brettspiele, Bauklötze und Kaufmannsladen teilen sich schon lang die Kinderzimmer mit Spielkonsolen, sprechenden Puppen oder ferngesteuerten Autos. Elektrische und elektronische Spielwaren sind beliebt und durch fortschreitende Digitalisierung oft sogar smart. Der Spielzeugmarkt wächst, wovon nicht nur Hersteller profitieren. Auch für Importeure und Händler lohnt sich das steigende Verbraucherinteresse. Vorausgesetzt die Spiele sind für Kinder sicher und halten geltende Richtlinien und Normen ein. Hier ist ein Überblick über die wichtigsten Standards für elektronisches Spielzeug.
Das Wachstum der Spielzeugbranche
Spielen fördert bei Kindern motorische und kognitive Fähigkeiten, Kreativität sowie soziale Kompetenz. Und auch Erwachsene können diese Fähigkeiten durch Spielen ausbauen und verbessern. Im Mittelpunkt stehen bei den meisten aber sicher die Faktoren Spaß, Spannung und Unterhaltung. Selbst im Bildungsbereich – etwa für die Schulfächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) – gewinnen elektrische Spiele beim Thema Technologie zunehmend an Bedeutung.
Das bestehende Interesse an Spielwaren belegen statistische Umsatzzahlen. Laut Wachstumsrate aus dem Toys & Games Report 2020 von Statista wird der Umsatz von Spielzeug und Spielen im Jahr 2022 europaweit rund 44 Mrd. Euro betragen und weiter steigen. Davon entfallen derzeit ca. 12 Mrd. Euro 2022 nur auf Spielkonsolen. Diesen Zuwachs fördern zunehmende Onlineverkäufe, die sich stetig ändernden Vorlieben der Verbraucher, aber auch eine steigende Nachfrage nach hochwertigen und umweltfreundlichen Spielwaren .
Welche Produkte zählen zu elektrischem und elektronischem Spielzeug?
Zu diesem Segment gehören sämtliche als Spiel oder Spielzeug deklarierten Produkte, die akku- bzw. batteriebetrieben oder allgemein mit Strom versorgt werden. Das sind unter anderem:
- Vernetztes Spielzeug („Smart Toys“)
- Ferngesteuertes Spielzeug: Autos (RC Toys), Roboter, Drohnen
- Lernspielzeug: Lerncomputer und Lerntablet, Elektrobaukasten, interaktive Lernspiele (z.B. tiptoi)
- Musikinstrumente: E-Schlagzeug, Klavier-/Tanzmatte, Keyboard
- Unterhaltungsmedien: Spielkonsolen, VR-Brillen, Karaokemaschinen, Mikrofone, Digitalkameras, Walkie Talkies
- Sonstige Spielwaren: Hörfiguren, sprechende Plüschtiere, Kinderwecker/-uhren, Tagebücher, Schachcomputer, Eisenbahnen, Kinderfahrzeuge, Taschenlampen, Laserpistolen, Spieltische
Welche Prüfanforderungen für elektrisches Spielzeug gibt es und warum sind sie wichtig?
Der Toys & Games Report 2020 zeigt, dass ein Großteil der Spiele und Spielzeuge außerhalb der EU hergestellt wird, vor allem in China. Die Produkte können oft schon vor dem Import von dortigen Laboren getestet worden sein und Zertifikate aufweisen, um die Konformität mit den Marktregularien nachzuweisen. Jedoch prüfen nicht alle Labore gleichermaßen umfangreich und sorgfältig, weshalb Importeure und Händler sich nicht blind auf die erhaltenen Prüfberichte verlassen sollten. Denn es kommt leider häufig vor, dass importierte Spielprodukte die gesetzlichen Regelungen und Standards nicht vollständig einhalten. Daher ist es meist unerlässlich, zusätzliche Prüfungen bei qualifizierten Prüflaboren durchführen zu lassen.
Durch die Laborprüfung streng nach den Vorgaben der Gesetzgebung gehen alle – von Hersteller bis zum Verbraucher – sicher, dass das Spielzeug die Auflagen zur Produktkonformität einhält. Dementsprechend weist das Spielprodukt eine ausreichend hohe Qualität auf und ist ungefährlich für die Gesundheit. Händlern und Herstellern drohen keine Reputationsverluste oder Umsatzeinbußen durch Produkte, die vom Markt genommen werden müssen. Vielmehr erhöhen sie durch die geprüfte Qualität der Waren das Vertrauen der Kunden. Die Einhaltung der relevanten Anforderungen ist besonders auch bei elektrischen und elektronischen Spielwaren enorm wichtig.
Chemische Analysen
Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG
Die Spielzeugrichtlinie gibt für alle in der EU gehandelten Spielwaren und Produkte, die Kinder in Form, Farbe und Gestalt zum Spielen ansprechen, klare Anforderungen zur Sicherheit vor. Die Vorgaben zur chemischen Zusammensetzung der Spielwaren können mit Tests der Normreihe EN 71 überprüft werden. Für die allermeisten Spielzeuge können etwa folgende Normen relevant sein:
- DIN EN 71-3: Sicherheit von Spielzeug - Migration bestimmter Elemente
- DIN EN 71-4: Experimentierkästen für chemische und ähnliche Versuche
- DIN EN 71-5: Chemisches Spielzeug, ausgenommen Experimentierkästen
- DIN EN 71-12: N-Nitrosamine und N-nitrosierbare Stoffe
RoHS-Richtlinie 2011/65/EU
Für Elektrogeräte gelten in der EU die RoHS-Richtlinien (Restriction of certain Hazardous Substances), die die Verbreitung von gefährlichen Stoffen wie Blei oder Weichmachern beschränken. Darunter fallen auch elektrische Spielzeuge. Richtlinie 2011/65/EU ist eine der bekanntesten RoHS-Richtlinien.
Physikalische und mechanische Prüfungen
DIN EN 71-1 – Druck- und Zugprüfungen
Durch Druck- und Ziehtests werden Spielwaren dahingehend untersucht, ob sich Bauteile unter diesen Belastungen lösen. Sollte dies der Fall sein, können insbesondere für Kleinkinder solche Schäden oder abgebrochene Kleinteile zur Gesundheitsgefährdung führen (beispielsweise Ersticken bei Verschlucken oder Blockierung der Atemwege)
DIN EN 71-2 – Entflammbarkeitsprüfung
Prüfungen nach dieser Norm stellen fest, wie schnell oder langsam die verbauten Materialien brennen. Je mehr Zeit bis zur Entflammung (Verbrennungsrate) vergeht, desto mehr Zeit haben Kinder, auf die Veränderung zu reagieren.
EMV-Richtlinie 2014/30/EU
Jedes elektronische Gerät, ob Spielzeug oder nicht, sendet elektromagnetische Wellen aus. Um Wechselwirkungen mit anderen elektrischen oder elektronischen Produkten auszuschließen, werden sogenannte EMV-Prüfungen benötigt, zu denen in Richtlinie 2014/30/EU genaue Vorgaben gemacht werden.
Funkanlagenrichtlinie 2014/53/EU (RED)
Sämtliche Produkte, die elektromagnetische Signale empfangen oder erzeugen, müssen nach den Vorgaben der RED getestet werden. Denn Funkprodukte wie ferngesteuerte Autos, Drohnen oder kabellose Mikrofone können sich schädlich auf die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher auswirken, etwa durch Störung anderer Geräte oder auch durch Cyberangriffe.
REACH-Verordnung (EG) Nr. 1907/2006
Die REACH-Verordnung dient dem Schutz von Umwelt und Mensch durch die Zulassung und Bewertung von Chemikalien. Ähnlich wie bei der Norm DIN EN 71-3 dürfen gelistete gefährliche Substanzen nicht oder nur in bestimmter Konzentration in Produkten und Spielwaren vorhanden sein.
Daran erkennen Händler und Verbraucher sicheres elektronisches Spielzeug
Sind elektrische Spielwaren gemäß Richtlinien und nach Normen geprüft und als sicher eingestuft, dürfen sie mit Prüfzeichen und Qualitätssiegeln versehen werden. An diesen – insofern nicht gefälscht – können Händler und Verbraucher die Sicherheit der Spiele und Spielwaren erkennen.
- In der EU besteht für eine Vielzahl an Produkten die Pflicht zur CE-Kennzeichnung. Das CE-Zeichen müssen auch Spielwaren tragen und damit die Einhaltung europäischer Standards bestätigen.
- Auf der Verpackung des Spielzeugs sollten Name und Anschrift der Hersteller und aller Importeure verzeichnet sein. Ebenso weist eine Chargen-, Serien- oder Modellnummer auf eine seriöse Herstellung elektrischer Spiele und Spielzeug hin, durch die jedes Produkt identifiziert werden kann.
- Ein angebrachtes VDE-Zeichen bezeugt an elektronischen Spielwaren, dass sie den europäischen oder international geltenden Normen entsprechen.
- Das Siegel „Spiel gut“ an Spielwaren steht für die Sicherheit und Qualität des Spielprodukts. Um das Siegel tragen zu können, werden die Waren nach verschiedenen Kriterien geprüft.
- Ein mit dem Prüfzeichen „LGA tested“ gekennzeichnetes Spielzeug entspricht den gegebenen Standards hinsichtlich Sicherheit, Gebrauchseigenschaften und -tauglichkeit oder EMV.
- In Deutschland bescheinigt zudem das GS-Zeichen (Geprüfte Sicherheit), dass elektrische und elektronische Spielzeuge und Spiele sicher im Umgang und für die Gesundheit sind.
Weitere relevante Normen für elektrische und elektronische Spielwaren
Je nach Spielwarengruppe und Verkaufsland gelten weitere Anforderungen. Dazu zählen etwa:
- EU-Drohnenverordnungen (EU) 2019/947 und (EU) 2020/746: Die Anforderungen bestehen, wenn Drohnen nach der Spielzeugrichtlinie 2009/48/EC nicht als reines Spielzeug zertifiziert sind.
- Batterierichtlinie 2006/66/EG: Enthalten die elektrischen Spielwaren Akkus und Batterien, legt die Richtlinie Maßnahmen unter anderem zur Kennzeichnung, Rücknahme und Entsorgung dieser fest.
- ANSI/UL 696: Standard for Electric Toys
- ASTM F963: Toy Safety
- CPSIA (Consumer Product Safety Improvement Act)
- DIN EN 55016-2-1 /-3: Anforderungen an Geräte und Einrichtungen sowie Festlegung der Verfahren zur Messung der hochfrequenten Störaussendung (Funkstörungen) und Störfestigkeit
- DIN EN 62115: Elektrische Spielzeuge – Sicherheit
- IEC 60825: Sicherheit von Lasereinrichtungen
- ISO 8124-1: Sicherheit von Spielzeug - Teil 1: Sicherheitsaspekte hinsichtlich mechanischer und physikalischer Eigenschaften
- ISO 8124-2: Sicherheit von Spielzeug - Teil 2: Entflammbarkeit
- ISO 8124-3: Sicherheit von Spielzeug - Teil 3: Migration bestimmter Elemente
Wo Sie elektrische Spielwaren testen lassen können
Händler und Importeure gehen auf Nummer sicher, wenn sie elektrische Spielzeuge und Spiele vor dem Verkauf auf ihre Produktkonformität, insbesondere Sicherheitsmerkmale, testen lassen. Dies empfiehlt sich insbesondere für Produkte, die außerhalb der EU hergestellt werden. Welche Prüfungen notwendig sind und wo Sie diese durchführen können, finden Sie kostenlos mit testxchange heraus. Stellen Sie hierfür eine kostenlose Anfrage auf unserer Plattform.