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UKCA-Kennzeichnung - Erfahrungen und Ausblick

von Novelty Compliance

Im ersten Teil unseres Interviews mit Marlon Schrimpf, dem Gründer von Novelty Compliance, haben wir über ein aktuelles britisches Gesetz über Produktsicherheit und Telekommunikationsinfrastruktur gesprochen. Im zweiten Teil werden wir nun einen Blick auf die aktuelle Lage rund um die UKCA-Kennzeichnung werfen.

testxchange: Als Folge des Brexit wurde die UKCA-Kennzeichnung eingeführt, um die CE-Kennzeichnung auf im Vereinigten Königreich verkauften Produkten zu ersetzen. Die ursprüngliche Frist zur Erfüllung der neuen Kennzeichnungsanforderungen war für die meisten Produkte Ende 2022, aber im November 2022 wurde bekannt gegeben, dass diese Frist um zwei weitere Jahre verlängert wurde. Herr Schrimpf, haben Sie bei Ihrer Arbeit als Berater für Produktkonformität bestimmte Herausforderungen beobachtet, mit denen Unternehmen im Hinblick auf die UKCA-Kennzeichnung konfrontiert waren? Was könnte ein möglicher Grund sein, warum einige von ihnen diese Fristverlängerung benötigen?

Marlon Schrimpf: Ich bin mir nicht sicher, ob die Verlängerung wirklich notwendig war, denn die meisten Unternehmen hatten die Änderungen weitgehend umgesetzt. Der Grund für die Verlängerung der Übergangsfrist war vor allem, die von der Corona-Krise und der sich allgemein abkühlenden Wirtschaft betroffenen Unternehmen zu entlasten. Die Verlängerung wurde gewährt, um potenzielle Hindernisse für den Geschäftsbetrieb zu beseitigen. In Anbetracht der Konjunkturabkühlung könnte die Verlängerung sogar für Unternehmen, die mit der Umstellung gut im Zeitplan lagen, von Vorteil gewesen sein, da sie nun mehr Zeit gewinnen, Produkte mit alter Kennzeichnung abzuverkaufen. Für diejenigen, bei denen das Geschäft nicht wie geplant lief, besteht also keine Notwendigkeit, ältere Produkte zu verschrotten oder umzuetikettieren, was eine erhebliche Entlastung bedeuten kann. Ich kann auf der anderen Seite aber auch gut verstehen, dass einige Unternehmen in Anbetracht der Verlängerung frustriert sind, weil sie bereits Materialien oder sogar Produkte ohne UKCA-Kennzeichnung verschrottet haben und ihnen dadurch Einnahmen entgangen sind. Sicherlich wäre eine frühere Ankündigung der Fristverlängerung von allen Beteiligten begrüßt worden.

Die Umstellung auf die UKCA-Kennzeichnung war, zumindest in einigen Fällen, recht einfach, denn es mussten lediglich Kennzeichnungen hinzugefügt, die Anleitungen geändert und eine UK Declaration of Conformity erstellt werden. In anderen Fällen, die von den in den Vorschriften festgelegten Konformitätsbewertungsverfahren abhängen, war die Umstellung mühsamer, da Unternehmen sich zusätzlich an eine britische Benannte Stelle wenden mussten. Das bedeutete nicht nur Kennzeichnungs- und Dokumentationsaufwand, sondern auch zusätzliche Kosten und Mühen, um die von nun an im Vereinigten Königreich akzeptierten Baumusterprüfbescheinigungen zu erhalten.

testxchange: Haben Sie allgemeine Ratschläge für Unternehmen, wie sie angesichts dieser Fristverlängerung jetzt handeln sollten? Ist es vielleicht klüger, noch ein wenig zu warten, falls beispielsweise weitere Regeländerungen hinzukommen? Oder wäre es klüger, jetzt in Gang zu kommen, um den Umstellungsprozess abzuschließen?

Marlon Schrimpf: Es kann nicht schaden, die Umstellung jetzt vorzunehmen. Wenn man seine Dokumentation, Verpackungen und andere Marketingmaterialien noch nicht an die britischen Anforderungen angepasst hat, dann sollte man zeitnah beginnen. Wenn man noch große Mengen an Materialien mit alter Kennzeichnung auf Lager hat, können diese natürlich zuerst aufgebraucht werden. Es sollten jedoch keine neuen Materialien ohne die erforderlichen Kennzeichnungsanpassungen bestellt werden, um eine rollierende Umstellung vor dem neuen Stichtag zu ermöglichen. Da es noch weitere neue Kennzeichnungspflichten gibt, z. B. in Italien und Frankreich, könnte es sinnvoll sein, die erforderlichen Änderungen zu kombinieren, um Produkte und Verpackungen nur einmal ändern zu müssen.

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Gründer von NOVELTY Compliance: Marlon Schrimpf

testxchange: Zu den zusätzliche Kennzeichnungen aus Frankreich und Italien, die Sie erwähnt haben: Sehen Sie allgemein einen Trend zu mehr individueller nationaler Gesetzgebung in Ergänzung zu EU-Verordnungen und -Richtlinien?

Marlon Schrimpf: Ich würde es nicht als Trend bezeichnen, aber einige Länder haben es einfach nicht geschafft, die EU-Recyclingquoten zu erreichen, und versuchen daher, Verbrauchern die Mülltrennung zu erleichtern. Gegen die Schritte, die Frankreich und Italien unternommen haben, ist kaum etwas einzuwenden, aber wir können nur hoffen, dass ähnliche Schritte nicht auch von anderen EU-Mitgliedstaaten unternommen werden. Das Management all dieser Änderungen ist für Unternehmen zum Teil sehr arbeits- und kostenintensiv. Im Idealfall wird die derzeit laufende Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie die Kennzeichnung von Produkten harmonisieren, so dass die nationalen Kennzeichnungen irgendwann überflüssig werden und entfernt werden können.

testxchange: Herr Schrimpf, vielen Dank für das Interview. Möchten Sie unseren Lesern zum Abschluss noch weitere Ratschläge mit auf den Weg geben?

Marlon Schrimpf: Unternehmen sollten das Thema Cybersicherheit ernst nehmen, da es im Fokus der Medien steht und voraussichtlich auch von Marktaufsichtsbehörden überall strenger kontrolliert werden wird. In Großbritannien gibt es dazu und zum Thema UKCA viele gute Dokumente direkt von der Regierung, um einen Einstieg zu finden.

Wenn man einen Überblick über die vielen anstehenden Verordnungen benötigt oder spezifische Fragen zu einem Thema in diesem Bereich haben, kann man mich gerne direkt über LinkedIn (www.linkedin.com/in/marlon-schrimpf) kontaktieren oder mehr über meine Arbeit auf www.novelty-compliance.eu erfahren.